Von Domkapitular J. Schmidt Bielefeld (aus "Willebadessen 1207-1958")
Die Pfarrgemeinde Willebadessen darf ihren großen Sohn, den Jesuitenpater Anton David, nicht vergessen. Er war bedeutend als Priester, Seelsorger, Erzieher und Schriftsteller.
Geboren am 20. Mai 1851 zu Willebadessen, trat er im April 1872 zu Münster i. W. in den Jesuitenorden ein. Seine philosophischen, theologischen und germanistischen Studien machte er mit solchem Übereifer, daß er sich ein Kopfleiden zuzog, das ihn zeitlebens nicht mehr verließ. Pater David ist ein Beispiel dafür, daß ein Mann mit stets leidendem Körper zufolge großer Energie auf dem Gebiete des Geistes Großes vollbringen kann.
Der Orden erkannte in dem jungen Gelehrten die große Veranlagung für pädagogische Betätigung. Er berief ihn als Erzieher an das weitbekannte Studienhaus für Gymnasiasten Stella Matutina in Feldkirch, das über 500 Plätze verfügte. Dort wirkte er als Studienpräfekt von 1884-1897, dann als Generalpräfekt von 1898-1910 und schließlich als Rektor des Institutes. Tausende von Zöglingen sind in diesen Jahren von ihm betreut worden und erkannten in ihm den erfahrenen Menschenkenner, klugen Ratgeber und weisen Lebensführer. Auch manche Schüler aus Westfalen standen unter seiner Obhut.
Im Jahre 1921-1928 wurde Pater David mit der Leitung des Exerzitienhauses St. Josef in Tisis beauftragt und bewährte sich auch in dieser Stellung als kluger Seelenführer. Der große Menschenkenner war auch ein sinniger Beobachter der Natur. Köstlich sind die Gleichnisreden, die wir in seinen Schriften finden. Er brachte nicht nur den Eichbaum, sondern auch den Dornbusch zum Reden. Aus der Reihe dieser Schriften und seiner pädagogischen Werke nennen wir: "Zu Nutz und Trost" (1904), "Das Haus des Herrn" (1891), "Das Vaterunser" (2. Auflage 1893), "Erziehung nach dem Sprichwort" (1889), "Präfektenbuch" (1918), "Biblische Erziehungsbilder" (1919), "Aus der Mappe eines alten Jugendfreundes" (3 Bändchen, 1919/20).
Im Jahre 1890 gab Pater David in Paderborn die beiden Schriftchen heraus: "Van ussen Hierguede" (1890) und "Van den Duiwele" (1891). Eifrig war er von frühauf der Spruchweisheit des Heimatvolkes nachgegangen und gab die Sentenzen in der Heimatsprache wieder. Neben den ernsten, tiefgründigen Aussagen über Gott und seinen Widersacher verwehrte er auch den humorgefärbten Kernsprüchen nicht die Aufnahme, als wollte er durch den Humor zur rechten Würdigung des Ernstes anlocken. So lesen wir, um einige Proben anzuführen, in der einen Schrift: "Spaß mot seyn, seggt de Duiwel, do kidelde hei seyne Graußmoime mit de Furken." "Aller geiht für, seggt de Dulwel,do stodde hei seyne Graußmolme de Treppen runn." "Watt olt is, dat ritt, do ritt hei seyner Graußmoime dat Auer aff."
Die Veranlagung für Humor teilte mit Pater David sein älterer Bruder Franz, der als Pfarrer in Sommersell 1890 starb. Als Franz David in der Kulturkampfzeit stellenlos wurde, übte er von 1877-1886 als Kaplan Seelsorge in seiner Heimat Willebadessen aus. Heute noch erzählt man von der fröhlichen Art des frommen Priesters. Als sein Mitschüler B., der gewissensängstlich war, mit der Vorbereitung auf die heilige Beichte schwer fertig wurde, redete er ihn in der längst menschenleeren Kirche an: "Segg mol B., wust du bei mey bichten oder soll ick bey dey bichten?" Als der Hochwürdigste Bischof von Paderborn nach der Firmung abreiste, gab er ihm, den Wagenschlag an der von Wredeschen Kutsche schließend, in Anlehnung an das Psalmwort die Bitte mit: "Memento Domine David" (Denke, Herr, an den David)! Ob die Verleihung der Pfarrstelle in Sommersell die Erfüllung dieser Bitte war?
Beide Brüder hatten den Reichtum, der im plattdeutschen Denken und Reden des Volkes enthalten ist, wohl erkannt. Pater David meisterte das heimatliche Plattdeutsch aufs beste und hat es in den zahlreichen Aufsätzen, die er in Sonntagsblättern und Zeitschriften veröffentlichte, mehrfach angewandt.
Pater Anton David starb am 7. Mai 1931 und fand in Feldkirch seine Ruhestätte. Sein Andenken wurde nicht mitbegraben. Es lebt lebendig fort in den vielen, die seine Sorge und Liebe erfuhren, und bei denen, die ihn sonst näher kennen lernten. Auch ich durfte dem trefflichen Manne begegnen, als ich zwei glückliche Priesterjahre 1896/97 in Willebadessen verlebte und später noch in Paderborn. Die Erinnerung an den ausgezeichneten Priester ist mir zeitlebens teuer gewesen.
Möge namentlich seine Heimat sein Andenken eifrig pflegen! Sie darf wahrlich stolz auf ihn sein! Vor allem kann die Jugend sich an ihm auferbauen, der vom Hütejungen aufstieg zum Seelsorger, Gelehrten und viel beachteten Schriftsteller. Er weist sie hin auf das Priestertum, um dessen Nachwuchs wir heute so sehr bekümmert sein müssen. Willebadessen hat auch in den letzten Jahrzehnten dem Altare neue Diener geschenkt. Möge das Eggestädtchen immer rechten Anteil behalten bei der Zuführung des Nachwuchses zum Priester- und Ordensstande!
Wird sich auch einmal der rechte Mann finden, der in einem "Anton-David Buche" die Kostbarkeiten seiner Schriften der Vergessenheit entreißt?
|